Schiedsgericht bringt die Lösung

Schiedsgericht bringt Lösung
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Im Streitfall müssen Logistiker nicht unbedingt vor Gericht ziehen, denn es gibt Alternativen, zum Beispiel das Schiedsgericht. Ein Verfahren vor einem Schiedsgericht ist häufig schneller und günstiger als eine Auseinandersetzung vor Gericht, berichtet die Fachzeitung „trans aktuell“. In Deutschland gibt es für die Logistikbranche zwei mögliche Anlaufstellen.

Seit 2006 gibt es laut „trans aktuell“ an der Handelskammer Hamburg ein Logistik-Schiedsgericht mit qualifizierten Schiedsrichtern und einer speziellen Schiedsgerichtsordnung. „Beispielsweise geht es dabei um Schadenersatz“, sagt Petra Sandvoß, die stellvertretende Geschäftsführerin des Geschäftsbereichs Recht & Fair Play und Leiterin der Abteilung Schiedsgerichtbarkeit und Mediation ist. Gestritten wird  etwa, wenn die Ware verloren gegangen ist, oder wenn die Ware nicht rechtzeitig versendet worden ist und die beiden Vertragsparteien sich nicht über die Haftung einig werden.

Klausel im Vertrag entscheidet über Verfahren vor Schiedsgericht

Ein Schiedsverfahren gibt es nach Angaben der Fachzeitung aber nur für Vertragspartner,  die auch eine entsprechende Klausel im Vertrag aufgeführt haben.  „Ganz wichtig ist, dass alle diese Klausel auch unterschrieben haben“, erklärt Sandvoß. Denn damit schließe man die Zuständigkeit staatlicher Gerichte aus. Streiten sich mehr als zwei Parteien, kann auch versucht werden, einen Dritten mit ins Schiedsverfahren zu bringen – aber auch der muss dem Vorgehen zustimmen.

Im Vergleich zu anderen Schiedsgerichten gibt es bei der Handelskammer Hamburg ein Zusatzregulativ für das Logistik-Schiedsgericht. Dazu gehört etwa der Grundsatz des beschleunigten Verfahrens. So können Fristen nur in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden. „Standard-
Ausreden, um ein Verfahren in die Länge zu ziehen, funktionieren hier also nicht“, sagt Sandvoß.  Damit will das Schiedsgericht laut „trans aktuell“ dem Umstand Rechnung tragen, dass es in der Logistik im Regelfall schnell gehen muss. Auch wurde die sonst geltende 30-Tage-Frist bei der Benennung der Schiedsrichter auf zwei Wochen verkürzt.

Schiedsgericht bietet freie Richterwahl

Positiv ist laut „trans aktuell“ auch die freie Richterwahl: Zwar bietet die Handelskammer Hamburg eine Schiedsrichterliste an, deren Mitglieder auf die Logistikbranche spezialisiert sind. Die beiden Parteien sind aber nicht an sie gebunden, sondern können nach Bedarf auch andere spezialisierte Juristen oder nicht-juristische Logistikexperten als Schiedsrichter einsetzen. „Was aber nicht geht, ist den eigenen Rechtsanwalt als Schiedsrichter einzusetzen“, erklärt Sandvoß, „schließlich gilt das Prinzip der Neutralität.“ Nachdem jede Partei sich für einen Schiedsrichter entschieden hat, einigen sich letztere gemeinsam auf einen Obmann, der dem Schiedsgericht dann vorsteht.

Was das Schiedsgericht nach Angaben von Petra Sandvoß auszeichnet: „Ein Schiedsspruch ist vollstreckbar wie ein Urteil – im Ausland ist es sogar besser zu vollstrecken.“ Wer gegen einen Vertragspartner etwa ein gerichtliches Urteil erreicht habe, könne dieses in der EU vollstrecken – nicht aber darüber hinaus. So seien etwa deutsche Gerichtsurteile in China und Russland genau so wenig vollstreckbar wie Urteile dortiger Gerichte in Deutschland. „Diese haben aber wie viele andere Länder ein entsprechendes völkerrechtliches Abkommen unterzeichnet und damit die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen garantiert“, erklärt die Rechtsexpertin. Sie rät deshalb, eine entsprechende Schiedsgerichtklausel im Vertrag oder in den AGBs einzufügen.

Vergleich dient beiden Streithähnen

Ein Beispiel für ein Schiedsverfahren gibt Rechtsanwalt Karl-Heinz Gimmler. Gimmler ist Präsidiumsmitglied des Deutschen Schiedsgerichts Logistik (DSL), das 2004 als erstes Schiedsgericht im Bereich Logistik ins Leben gerufen wurde. In dem Fall waren sich ein deutscher Top-10-Logistiker und dessen Auftraggeber uneins. „Hier ging es um einen hohen sechsstelligen Betrag als Ausgleichszahlung für die vorzeitige Beendigung eines Logistikvertrages“, berichtet Gimmler. „Das Verfahren wurde durch einen Vergleich nach nur elf Wochen einvernehmlich beendet“, sagt der Anwalt aus Koblenz. Ein weiteres Beispiel war ein Gesellschafterstreit im Rahmen einer Transport-GmbH, bei dem auch für Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern das Schiedsgericht vereinbart war. Auch hier kam es zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen den Gesellschaftern.

Um das Deutsche Schiedsgericht Logistik anzurufen, muss nach Angaben der „trans aktuell“ wie in Hamburg zunächst die Zuständigkeit des Gerichts vereinbart werden, meist im Rahmenvertrag zwischen den Parteien selbst. „Es kann jedoch später noch die Zuständigkeit vereinbart werden“, erklärt Gimmler, der Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht ist, die Vorgehensweise. Dann wird  ein erster Kostenvorschuss von 1.000 Euro angefordert, sobald eine Schiedsklageerhebung vorliegt. Die Gegenseite erhält dann eine Frist zur Stellungnahme. In der geheimen, mündlichen Verhandlung werden anschließend gegebenenfalls Beweise erhoben und es wird auf eine Einigung hingewirkt.

Schiedsgericht: Bei Sachverhaltsfragen geht es schneller

Auf eine Besonderheit des Deutschen Schiedsgericht Logistik weist Gimmler außerdem hin: Ein Schiedsgutachtenverfahren bietet eine schnelle Lösung, wenn sich die Parteien nur über Sachverhaltsfragen streiten.  Typische Sachverhaltsfragen können dabei die Angemessenheit eines Preises, einer Kalkulation oder auch eine Schadensverursachung sein. „Dieses Sachverständigen-
Gutachten kann dann Basis einer Einigung zwischen den Parteien sein, hat aber keine Urteilswirkung wie beispielsweise ein Schiedsgerichturteil“, erklärt der Anwalt. Bei einem Schiedsgutachtenverfahren wirken neutrale Sachverständige mit, während die Schiedsrichter ausschließlich Transportrechtsjuristen und Praktiker aus der Logistik – sowohl von Dienstleisterseite als auch von Auftraggeberseite – sind.

Auch beim Deutschen Schiedsgericht Logistik zählt laut „trans aktuell“ der Faktor Zeit: „Wir haben seinerzeit bei der Schaffung der Schiedsordnung besonderen Wert auf die Fachkunde und die schnelle Regelung eines Streitfalls für die beteiligten Parteien gelegt“, erklärt Gimmler. „Im Gegensatz zu einer staatlichen Gerichtbarkeit erhalten Sie bei uns im Regelfall nach sechs Wochen bereits die erste mündliche Verhandlung, nach spätestens drei bis vier Monaten soll ein Verfahren abgeschlossen sein.“  Oftmals kommt es aber laut Gimmler bei einer Streitigkeit nicht zum Äußersten. Allein durch ihr Vorhandensein führe die Schiedsgutachtenlösung dazu, dass sich die Parteien einvernehmlich einigen.

Tipps im Internet

Portal des Deutschen Schiedsgerichts Logistik (DSL)

Portal des Logistik-Schiedsgerichts an der Handelskammer Hamburg