Bremssystem Retarder

Bremssystem Retarder
Foto: ETM Verlag/Voith

Vor allem bei konstanter Fahrt bergab werden die Bremsen stark beansprucht. Der Retarder schafft hier Abhilfe. Er bremst das Fahrzeug praktisch verschleißfrei.
Grundsätzlich ist das Funktionsprinzip hydrodynamischer Retarder ziemlich einfach: Ein Medium, Hydrauliköl oder Wasser wird Bedarf in ein Wandlergehäuse geleitet. Darin untergebracht sind zwei Schaufelräder, die sich in ihrer Drehung symmetrisch gegenüberliegen: ein Rotor und ein Stator. Der Rotor sitzt auf einer Welle, die mit dem Antriebsstrang verbunden ist. Der Stator ist fest montiert. Steigt die Drehzahl des Antriebsstrangs, beschleunigt der Rotor das eingebrachte Medium. Je höher die Drehzahl, desto höher ist auch die Zentrifugalkraft, die das Öl oder Wasser nach außen drückt.

Höhere Bremsleistung bei mehr Flüssigkeit

Nimmt die Flüssigkeitsmenge zu, steigt auch die Bremswirkung. Ein Steuerventil regelt, wie viel Flüssigkeit ins Wandlergehäuse fließt. Die Rotorschaufeln sind so geformt, dass sie den Betriebsstoff in die feststehenden Kammern des Stators leiten. Das Ergebnis: Der Rotor und damit auch die Gelenkwelle werden abgebremst. Die kinetische Energie in der Flüssigkeit wird dabei am Stator in Wärmeenergie umgewandelt. Im Leerlauf vergrößert eine Feder den Abstand zwischen Rotor und Stator und mindert so Verluste.

Retarder haben einige Tücken

Betätigt der Fahrer den Retarder, zieht eine Drallverzahnung den Rotor auf der Ritzelwelle wieder in Richtung Stator. Aktiviert wird der Retarder in der Regel über einen Lenkstockhebel am Lenkrad.
Die Bremse lässt sich in fünf bis sechs Stufen regulieren. Allerdings gibt es einige Tücken, die der Fahrer kennen sollte, wenn er mit Retarderunterstützung unterwegs ist. So gibt es immer noch Nachrüstlösungen, die bei Retarder-Bremsungen keine Bremsleuchten aktivieren. Bei Schnee oder glatter Fahrbahn sollte sich der Fahrer vergegenwärtigen, dass der Retarder nur auf einzelne Achsen des Fahrzeuggespanns wirkt.

Statt Flüssigkeit kann auch Strom bremsen

Das wirkt sich erfahrungsgemäß extrem auf das Spurverhalten des Zugs aus. In Omnibussen, die mit Automatikgetrieben ausgerüstet sind, ist der Retarder der Betriebsbremse vorgeschaltet. Aktiviert wird er per Bremspedal. Je nach Druck auf das Pedal tritt zuerst der Retarder in Aktion und dann die mechanische Betriebsbremse.
Elektrodynamische Retarder bestehen aus zwei Rotoren und einem dazwischenliegenden Stator mit 16 Spulen. Die Rotoren sind mit der Antriebswelle verbunden. Mit dem Druck auf das Bremspedal steuert der Fahrer Strom ein. Dadurch entstehen Magnetfelder, die von den Rotoren geschlossen werden.
Die gegenläufigen Magnetfelder am Stator erzeugen eine entgegengesetzte Kraft, wirken also geschwindigkeitsverzögernd. Die Rotoren sind innenbelüftet und damit in der Lage, die entstehende Wärme abzuleiten.

Wasser als Alternative zu Öl

Voith bietet seit geraumer Zeit sogenannte Primär- und seit neuestem Sekundärretarder an, die mit Wasser statt Öl betrieben werden. Diese Retarder sind in den Kühlwasserkreislauf integriert und arbeiten gleichzeitig als Pumpe.

Der Unterschied zwischen Primär- und Sekundärretarder: Der Primärretarder wirkt auf die Kurbelwelle, während der Sekundärretarder hinter dem Getriebe an der Kardanwelle ansetzt. Das angestammte Terrain des Primärretarders sind daher niedrige Geschwindigkeiten und hohe Motordrehzahlen, wie sie im Verteilerverkehr und auf dem Bau vorherrschen.
Sie verursachen hohe Kurbelwellendrehzahlen, die ein Primärretarder in hohe Bremskaft umsetzt. Hingegen schlägt im Fernverkehr bei Drehzahlen von 1.100 bis 1.300/min die Stunde des Sekundärretarders. Um den Kühlmitteldurchsatz bei niedrigen Drehzahlen zu vergrößern, besitzen solche Retarder eine Übersetzung, die die Rotation des Rotors erhöht.

Vorteile des Mediums Wasser

Wasser besitzt eine hohe spezifische Wärmekapazität. Ein Wärmetauscher ist nicht notwendig, dies spart Bauraum und Gewicht. Zudem verändert sich die Viskosität von Wasser mit ansteigender Temperatur so gut wie nicht. Weiter zeigt Wasser im Gegensatz zu Öl keinen Verschleiß, muss daher auch nicht im Lauf der Zeit getauscht werden.