Öl ist nicht gleich Öl. Das ist logisch. Viele Mineralölhersteller werben deshalb für ihre Produkte mit verlängerten Ölwechselintervallen. Wir zeigen Ihnen, warum das richtige Öl so wichtig für moderne Motoren ist.
Kosten bestimmen im Transportbereich das Tagesgeschäft. Deshalb versuchen die Unternehmen natürlich, ihre Betriebsausgaben möglichst niedrig zu halten. Haben die Speditionen für ihre Fahrzeuge keinen Wartungsvertrag abgeschlossen, erledigen sie einfache Servicearbeiten oft selbst. Dabei kommt es auch vor, dass die Wartungsintervalle etwas gedehnt werden. Grundsätzlich dürfte das ja kein Problem sein. Schließlich werben einige Mineralölhersteller sogar mit „verlängerten Ölwechselintervallen“ für ihre Motorenöle. Fragt man nach, sind die Hersteller oft weniger vollmundig. „Die Intervalle werden nach wie vor von den Fahrzeugherstellern bestimmt und sind unter anderem abhängig von den Betriebsbedingungen und dem Kraftstoff, der verwendet wird. Hier kann sich bei Überziehung des Wartungsintervalls eventuell eine Ölverdünnung durch Kraftstoffeintrag ergeben. Das wiederum beeinträchtigt die Wirksamkeit des Motorenöls in seinen Funktionen und kann zusätzlich durch die biogenen Anteile im Kraftstoff zu Problemen bei der Abgasnachbehandlung führen“, sagt Castrol. Im Klartext: Der Schmierstoffhersteller rät von verlängerten Ölwechselintervallen ab.
Keine Empfehlung für längere Intervalle
Auch Shell wirbt bei einem seiner Getriebeöle mit längeren Ölwechselintervallen. Auf Nachfrage rudert das Unternehmen aber ebenfalls zurück: „Die eigenmächtige Ausweitung von Ölwechselintervallen können wir nicht empfehlen. Die Aussage zu unseren Hochleistungsschmierstoffen hinsichtlich der Nutzung verlängerter Ölwechselintervalle basiert auf den jeweiligen Herstellerfreigaben für die Produkte“, sagt Dr. Volker Null, Schmierstoff-Experte bei Shell. „Grundsätzlich gilt, dass die Herstellervorschriften beachtet und die Wartungsintervalle entsprechend geplant und durchgeführt werden sollten. In Absprache mit dem Hersteller und unter Begleitung durch unsere Techniker ist in Einzelfällen die Nutzung längerer Intervalle denkbar. Dies muss aber jeweils geprüft und technisch begleitet werden.“ Das richtige Motoröl ist ebenso wichtig wie der regelmäßige Ölwechsel nach Herstellervorschrift. Gerade bei modernen Motorengenerationen mit Partikelfilter und Abgasnachbehandlungssystemen kann das falsche Öl kostspielige Schäden verursachen. Jeder Motor verbrennt eine gewisse Menge Öl, die dann im Abgas enthaltenen Additivbestandteile setzen sich im Dieselpartikelfilter ab und können nicht mehr entfernt werden – der Filter setzt sich irreparabel zu.
Sulfatasche, Phosphor und Schwefel sind nicht gern gesehen
Um dem gegenzusteuern, kommen Low-SAPS-Öle zum Einsatz. Low-SAPS-Öle zeichnen sich durch einen möglichst geringen Anteil an Sulfatasche, Phosphor und Schwefel aus. „Zwar verbrennen auch hier Teile des Motorenöls, der Dieselpartikelfilter setzt sich damit aber weit weniger zu. In einigen Motoren wird das ungereinigte Abgas wieder in den Motor zurückgeführt, um noch niedrigere Emissionen zu erreichen. Das bedeutet aber, dass der heiße und -aggressive Abgasstrom das Motorenöl zusätzlich belastet“, erklärt Null. Man sollte also keinesfalls Öle einfüllen, die nicht die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Spezifikationen erfüllen. Qualitativ hochwertiges Öl ist nicht günstig, doch das nicht ohne Grund. Shell, Castrol und Liqui Moly berichten, dass von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt bis zu drei Jahre vergehen können. Allein Shell investiert rund eine Milliarde Euro pro Jahr in Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Dabei sind die Ziele der Mineralölhersteller und die Vorgaben der Fahrzeughersteller klar: längere Ölwechselintervalle, Einhaltung neuester Abgasnormen, geringer Kraftstoffverbrauch sowie gleichbleibende Eigenschaften bei extremer Kälte und Hitze.
Ein Drittel sind Additive
Das Öl soll all diese Anforderungen erfüllen. Deshalb werden dem Basisöl bis zu 30 Prozent Additive beigemischt. Diese Zugabestoffe sind für die spezifischen Eigenschaften eines Öls verantwortlich. „Sehr hochwertige Öle spielen ihre Vorteile besonders im Kurzstreckenverkehr aus, weil sie unter anderem über einen höheren Additivanteil als einfache Schmierstoffe verfügen. Fahrzeuge, die vorwiegend oder ausschließlich im Verteilerverkehr eingesetzt werden, sind anfälliger für Verschleiß“, erklärt Michael Scholer, Laborleiter von Liqui Moly. Dem Motorenöl wird dabei deutlich mehr Beachtung geschenkt als etwa dem Getriebeöl. Das hat technische Gründe. Während das Motorenöl mit Kraftstoff und Verbrennungsrückständen in Kontakt kommt, befindet sich das Getriebeöl in einem weitgehend geschlossenen System und ist vor Verunreinigungen geschützt.
Wenig tut sich augenscheinlich auch auf dem Markt der Fließfette für Zentralschmieranlagen. „Hier sieht es in der Tat so aus, dass die vorhandenen Fließfettqualitäten für die meisten Zentralschmieranlagen ausreichen. Sicherlich gibt es auch in einzelnen Fällen neue Entwicklungen, die abgestimmt sind auf die Anforderungen neuer Zentralschmieranlagen. Diese Entwicklungen finden aber bei Weitem nicht so häufig statt und die Veränderungen sind auch nicht so gravierend wie bei den Motorenölen“, erklärt Liqui-Moly-Experte Scholer.