Transportunternehmen beliefern immer öfter auch Privatkunden. Dabei sind klare Arbeitsanweisungen an den Fahrer besonders wichtig. Während bei Geschäftskunden klar ist, dass die Ware generell bis zur Rampe angeliefert wird, haben Privatkunden oft eine andere Vorstellung von der Zustellung.
Frei Haustür oder Frei Bordsteinkante
Für Ärger kann etwas sorgen, wo genau der Fahrer die Ware abliefert. Handelt es sich um eine Zulieferung „frei Haustür“ oder „frei Bordsteinkante“? Und wie ist das vertraglich zwischen Online-Händler beziehungsweise Hersteller, Transportunternehmen und Kunden geregelt, gerade wenn etwas zu Bruch geht. In einem aktuellen Fall hat das Amtsgericht Mannheim entschieden (AZ: 3 C312/12).
In diesem Fall hatte ein Mann bei einer Firma Mobiliar bestellt. Das Unternehmen beauftragte eine Firma mit der Lieferung. Im Rahmen der Zustellung trug einer der Mitarbeiter die bestellten Einrichtungsgegenstände in das Haus des Klägers. Dabei rutschte das Waschbecken aus der Verpackung und fiel zu Boden, Tür und Fliesen wurden beschädigt. Für die Kosten der Lieferung und für den Austausch der Tür klagte der Empfänger auf Schadenersatz in Höhe von mehr als 3.000 Euro.
Dabei vertrat der Kläger die Auffassung, dass der Hersteller der Gegenstände zum Ersatz des entstandenen Schadens in voller Höhe verpflichtet sei, weil die Lieferung vertraglich geschuldet gewesen sei. Dazu gehöre der Transport in die Wohnung und nicht nur „bis zur Bordsteinkante“. Dabei hafte die Beklagte – also das Unternehmen, in dessen Auftrag die Ware geliefert wurde – für ihren Erfüllungsgehilfen beziehungsweise dessen Mitarbeiter. Das beklagte Unternehmen wiederum argumentierte, dass bei Vertragsabschluss nur „frei Bordsteinkante“ abgemacht worden sei. Über diesen Bereich hinaus seien die Speditionsmitarbeiter nur noch im Interesse des Klägers tätig geworden und damit als dessen Erfüllungsgehilfen anzusehen.
Keine Veranlassung eine Lieferung in „unbekanntes Gebiet“ zuzusagen
Nach Ansicht des Amtsgericht ist die zulässige Klage des Kunden nicht begründet. Eine Pflichtverletzung des Lieferanten sei vorliegend nicht anzunehmen: Dieser sei mangels anderslautender Vereinbarungen nur zu einer Lieferung bis zur Haustür, jedoch nicht bis in die Wohnung hinein verpflichtet. Die Vereinbarung einer Warenlieferung könne den Verkäufer sinnvollerweise nur mit den Umständen „belasten“, auf die er auch Einfluss haben kann. Die Situation im Hause des Kunden sei unbekannt, der Lieferant habe keine Veranlassung, mangels genauer Kenntnis der tatsächlichen Umstände eine ordnungsgemäße Lieferung in „unbekanntes Gebiet“ zuzusagen. Einer der Leitsätze: „Kommt es innerhalb des Hausanwesens zu einer Beschädigung der anzuliefernden Sache, stellt das keine Pflichtverletzung im Sinne der Paragrafen 280, 281 BGB dar, weil sich der Lieferant über die bestehenden Verhältnisse innerhalb des Anwesens keine Kenntnis verschaffen kann.“
Bordsteinkante ist nicht gleichzusetzen mit Haustüre – „auch der vermeintlich kurze Weg von der Straße bis zur Haustür kann noch Schwierigkeiten für den anliefernden Fahrer mit sich bringen“, sagt Carsten Vyvers, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht von der Frankfurter Partnergesellschaft Arnecke Siebold. „Abgesehen davon, dass die Haustür bereits ein gutes Stück von der Straße entfernt sein kann und auch die Qualität des Weges einem Transport der Ware von der Bordsteinkante zur Haustür mit einem Hubwagen entgegenstehen kann, gibt es auch weitere Umstände wie beispielsweise Haustüren, welche sich gar nicht auf Straßenniveau befinden, welche dazu führen, dass die Lieferung Bordsteinkante oder Haustür einen erheblichen Unterschied machen kann.“
Klare Anweisungen an den Fahrer
Bei Schäden muss man dem Rechtsanwalt zufolge trennen, ob der erste, vertraglich vereinbarte Transport (bis Bordsteinkante) bereits beendet worden ist oder nicht. „Solange sich das Gut noch in der Obhut des Frachtführers befindet, haftet er für Schäden“, sagt Vyvers. „Wenn vertraglich zwischen Versender und Spediteur beziehungsweise Absender und Frachtführer ’nur‘ eine Ablieferung an der Bordsteinkante vereinbart worden ist, kann sich der Fahrer hierauf auch berufen und sollte dies auch tun“, rät der Anwalt.
Arbeitgeber sollten ihren Mitarbeiter bewusst machen, dass es sich dabei um keine Gefälligkeit gegenüber dem Kunden handele: Nicht nur erhöhe dieser den Zeitdruck, unter dem der Fahrer sowieso stehe, auch das Risiko, dass etwas passiere, und die Folgen seien zu groß. „Am besten sind klare Arbeitsanweisungen an den Fahrer“, sagt Vyvers.