Handelsrechnung und Lieferschein beweisen nicht, dass ein Transport-Container beladen wurde. Transportunternehmen müssen Zeugen nennen, die den Container beladen haben. Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs hat Folgen für die Transport-Branche.
In den meisten Fällen reicht bei einem Verlust der Ware als Schadensnachweis ein Lieferschein des Versenders aus. Für den Bundesgerichtshof (BGH) reicht solch ein Anscheinsbeweis für große Güter wie etwa einen gepackten und verplombten Container nicht aus. Das BGH hat die Streitsache zurück an das Oberlandesgericht Nürnberg verwiesen. Rechtsanwalt Carsten Vyvers von der Kanzlei Arnecke Siebold aus Frankfurt bezeichnet das Urteil als „Überraschung“.
Container von unbekannten Tätern gestohlen
Im vorliegenden Fall sollte eine Spedition für ein Unternehmen einen Container von Istanbul nach Nürnberg transpoertieren. Inhalt waren laut dem Unternehmen Fernsehgeräte mit einem Gesamtwert von rund 145.000 Euro. Die Spedition wiederum beauftragte ein Transportunternehmen, das wiederum einen Frachtführer mit dem Transport beauftragte.
Zunächst ging der Container von Istanbul bis Wien auf die Schiene. In Wien sollte ein Fahrer des Frachtführers den Container zur Weiterfahrt nach Nürnberg übernehmen. Dort kam er allerdings nie an – der Container war auf einem Parkplatz in Wien von unbekannten Tätern gestohlen worden. Daher verklagte der Transportversicherer des Auftraggebers die Spedition in erster Instanz vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth auf Schadenersatz in Höhe von 145.00 Euro nebst Zinsen.
Lieferschein als Beweis reicht nicht für selbst beladenen und verschlossenen Transport-Container aus
Mit seinem Urteil vom 13. September 2012 (Az.: I ZT 14/11) hat der BGH auf die Revision des Transportunternehmens hin die Sache zur neuen Verhandlung zurück an das OLG geschickt. Begründung: „Der Grundsatz, dass anhand von Lieferscheinen oder Handelsrechnungen im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß Paragraf 286 Abs. 1 ZPO der Inhalt des verloren gegangenen Pakets nachgewiesen werden kann, ist bei einem Streit über den Inhalt eines entwendeten, vom Versender selbst beladenen und verschlossenen Transportcontainers nicht ohne weiteres anwendbar.“
Anreiz für eine Fehlbeladung ist bei einem Container größer als bei einem Paket
In dem Fall hat laut Rechtsanwalt Vyvers das Gericht den Anscheinsbeweis verneint, weil der Container – im Gegensatz zu einem Päckchen etwa – während der gesamten Transportstrecke von außen gut identifizierbar sei: „Bei einem vom Versender selbst vorgeladenen und verplombten Transportcontainer, dessen Inhalt vom Frachtführer bei der Übernahme nicht überprüft werden kann, besteht die Möglichkeit, gerade diesen Container gezielt entwenden zu lassen. Der Anreiz für eine Fehlbeladung ist deutlich größer als bei einem Paket“, schreibt der BGH.
Spediteur muss Mitarbeiter identifizieren
Das Oberlandesgericht muss nun noch einmal den Sachverhalt prüfen. Dabei geht es laut Vyvers insbesondere darum, dass der Antragsteller die Mitarbeiter identifizieren muss, die den Container gepackt haben, um diese dem Gericht als Zeuge zu präsentieren. „Ein Rückgriff auf die Dokumente allein wie Handelsrechnung und Lieferschein reicht nicht aus“, kommentiert Vyvers den Kern des Urteils.
Die BGH-Entscheidung hat dem Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht zufolge deutliche Folgen für die Branche: „Frachtführer und deren Verkehrsversicherungen dürfen sich freuen, da ihre Verhandlungsposition deutlich verbessert wird. Die Messlatte für Anspruchsteller wurde durch das Urteil des BGH deutlich erhöht – der Nachweis, dass tatsächlich die behaupteten Güter in einem Container gepackt wurden, wird zumindest erschwert.“
Spediteure und Logistiker, die für ihre Kunden die Kommissionierung von Waren und das Packen von Containern vornehmen, müssen laut Vyvers „höchst vorsorglich dokumentieren, wer wann mit dem Stauen eines Containers beschäftigt gewesen ist, um ihre Kunden im Schadenfall unterstützen und die Mitarbeiter als Zeugen zu benennen zu können.“
Grundsätze müssten auch für Wechselbrücken oder Trailer gelten
Urteil müsste auch für Wechselbrücken und Trailer gelten
Dabei müssten die für den Container aufgestellten Grundsätze nach Ansicht des Fachanwalts auch für Wechselbrücken oder Trailer gelten, wenn diese vom Absender allein gepackt und anschließend verschlossen wurden. Ob das auf diese oder auch andere Packeinheiten zutrifft, werden der BGH und die Instanzgerichte in der Folge noch klären müssen.
[list type=“arrow“]
[li]Gebrauchte Container-Angebote bei TruckScout24[/li]
[/list]