Test: Scania G 420

ETM Verlag
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Der Scania G 420 kommt der sprichwörtlichen eierlegenden Wollmilchsau schon recht nahe. Zusammen mit dem SCR-Motor bietet er Bestwerte bei Nutzlast, Komfort und Verbrauch.

Um die Unterschiede zwischen den Baureihen Scania G und Scania R zu erkennen, muss man schon etwas genauer hinsehen. Der G ist seinem großen Bruder R wie aus dem Gesicht geschnitten. Gleichzeitig soll der G aber genau in die Lücke zwischen dem niedrigen P und dem hohen R passen. Ganz sicher ist der Betrachter also erst beim Blick aufs Typenschild. Denn eigentlich deutet von außen nur der knappere Spalt zwischen Frontklappe und Stoßstange auf den G hin.

Tatsächlich sitzt die Kabine etwa 100 Millimeter tiefer als im R, aber immerhin 200 Millimeter höher als in der Baureihe P. Fast schon logisch also, dass R und G auch preislich nicht allzu viel trennt. Die beiden Fahrerhäuser CR19H (Highline) und CG19H trennen nur 2.000 Euro. Bis auf Bodengruppe und Montagelage sind die Hütten identisch. Zum Preisunterschied trägt einerseits die etwas weniger umfangreiche Ausstattung bei. Andererseits muss ein niedriger montiertes Fahrerhaus einfach billiger sein, damit des die Kunden akzeptieren. Ein Fünftel aller deutschen Kunden, die im Fernverkehr auf Lkw von Scania setzen wählen den CG19H.

Bewährter SCR-Reihensechszylinder mit 420 PS

Im Testwagen tut der bewährte 11,7 Liter große SCR-Reihensechszylinder DC 1215 mit 420 PS (309 kW) seinen Dienst. Momentan ist er mit 30 Prozent Anteil die meistverkaufte Motorvariante von Scania für den Fernverkehr in Deutschland. Er gilt als sparsam, ist in EEV-Ausführung zu bekommen und benötigt die übliche Portion Adblue (rund fünf Prozent vom Dieselkraftstoff) zur Abgasreinigung. Die etwas kräftigeren AGR-Motoren liegen beim Dieselverbrauch etwas höher, kommen aber ohne SCR aus. Für die G-Baureihe gibt es zwei SCR-Motoren mit 380 und 420 PS sowie vier EGR-Motoren von 360 bis 480 PS.

Scania schickt den Test-Lkw mit einer neuen, extrem langen Achsübersetzung (2,69 zu 1) auf die Straße. Bei der Nenndrehzahl von 1.800 Umdrehungen pro Minute ergibt das eine theoretische Geschwindigkeit von 128 Kilometer pro Stunde. Damit liegt das Drehzahlniveau im Regelbetrieb besonders niedrig. Mit nur 1.190 Touren rollt der G 420 über die flache Autobahn. Nur selten klettert die Nadel an Steigungen weiter als 1.450 oder 1.500/min. Im Fokus steht mehr denn je das Thema Kraftstoffsparen. Dabei helfen niedrige Drehzahlen. Trotz der bergigen Teststrecke erreicht G 420 sehr gute Verbrauchswerte (35,5 l/100 km). Denn die vielen Vier- und Fünf-Prozenter der Messstrecke meisterte der G 420 mit einem exakt passenden Gang bei stabilen mittelhohen Drehzahlen und zudem mit ordentlichen Tempo. Ein halbes Prozent Steigung mehr oder weniger hätte das Ergebnis zum Teil verhagelt. Die Kehrseite: Immerwährendes Schalten ist an Steigungen die Devise. Jede Schaltung und damit Zugkraftunterbrechungen am Berg bedeutet jedes mal zwei, drei oder vier km/h Tempoverlust. Im Flachlandbetrieb spielt der Scania dann vollends die Sparkarte aus. Im günstigen Teillastverbrauch kommt der G auf 22,8 Liter pro 100 Kilometer.

Ein Motor für alle Fahrerhäuser

Der 420 PS starke DC 12 ist einer der wenigen fernverkehrstauglichen Scania-Motoren, den es für alle drei Grundfahrerhaus-Varianten gibt. Das P-Fahrerhaus kommt für den Fernverkehr kaum in Frage. Die G-Variante dagegen bietet – vom etwas höheren Motortunnel abgesehen – das Raumangebot des R, einen ähnlichen Federungskomfort und könnte für viele bisherige R-Käufer oder R-Fahrer eine Alternative sein – nicht nur wegen des günstigeren Kaufpreises. Das Leergewicht sinkt ausstattungsbereinigt noch einmal gut 100 Kilogramm im Vergleich zum ohnehin schon leichten R, der Einstieg ist noch ein wenig bequemer.

Schwachpunkte der Mittelklasse

Scania-typisch sind die Schwachstellen der G-Baureihe. Eine davon ist die schwache Motorbremse. Darum ist der Retarder für fast 4.000 Euro Aufpreis sollte also auf der Bestellung stehen. Typisch sind auch die etwas geringe Spreizung (11,32) und die lang übersetzten Rückwärtsgänge des Zwölfganggetriebes. Kommt eine Antriebsachse im Format 2,59 hinzu, dann geht langsames Rangieren oder Anfahren in Steilstücken auf die Kupplung. Wohl dem also, der sich – wie die meisten Scania-Käufer – für das neue Opticruise-Getriebe (knapp 1.300 Euro) entscheidet, dass mit einer elektro¬hydraulischen Kupplungsbetätigung den Verschleiß in Grenzen hält. Das neue Opticruise rangiert seidenweich, schaltet zudem schneller und gekonnter als die alte, nach wie vor lieferbare Version mit Kupplungspedal. Die Wartungsintervalle der Scania-Fernverkehrs-Fahrzeuge dürften auch etwas länger sein. Derzeit muss der Wagen alle 90.000 Kilometer in die Werkstatt. Spezielles Manko des G-Fahrerhauses: Es geht etwas lauter als im äußerst leisen R-Fahrerhaus zu. Aber auch ein Scania G zählt immer noch zu den leisen Lastwagen.
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