Der gewerbliche Gebrauchtwagenhändler und der private Käufer sind sich über das Geschäft einig, der Kaufvertrag für den Gebraucht-Lkw soll unterzeichnet werden, doch es steht handschriftlich darin „Gekauft wie gesehen – Gewährleistung ausgeschlossen“ – ist so ein Zusatz überhaupt zulässig? „Nein“, sagt Rechtsanwältin Eva Holst und ergänzt: „solche selbstverfassten Vertragszusätze sind nicht erlaubt bzw. kann der Verkäufer damit nicht die Sachmängelhaftung (Gewährleistung) ausschließen.“ Eva Holst arbeitet in der Kanzlei Mielchen & Collegen in Hamburg und ist spezialisiert auf Verkehrsrecht.
Allgemeines zum Gebrauchsgüterkauf
Grundsätzlich besteht beim Verbrauchsgüterkauf, dazu zählt auch der Kauf eines Gebraucht-Lkw, die Pflicht des Händlers zur Sachmängelhaftung. Per Gesetz sind das zwei Jahre, der Zeitraum darf aber auf ein Jahr herabgesetzt werden. Während dieses Zeitraumes haftet der Händler für alle Mängel, die das Fahrzeug bereits während der Übergabe hat; alle Nachbesserungen sind für den Käufer kostenlos.
Der Haken an der Sache: nach sechs Monaten dreht sich die Beweislast um – dann muss der Käufer beweisen, dass der Mangel schon beim Kauf vorgelegen hat. In der Praxis ist das schwierig und bei teuren Schäden wird nicht selten ein Sachverständigengutachten benötigt, um zu ermitteln, wann der Mangel aufgetreten ist. So ein Gutachten kann aber Sinn machen: „Wenn Sie für ein Gutachten 500 Euro zahlen, aber einen Motorschaden für viele tausend Euro vom Händler repariert bekommen, weil der Mangel nachweislich bereits vorher existiert hat, lohnt sich die Sache schon“, sagt Anwältin Holst.
Grundsätzlich gilt: Beim Geschäft von Händler zu Privatperson ist ein kompletter Ausschluss der Sachmängelhaftung nicht zulässig und hat vor Gericht keinen Bestand. Erlaubt ist aber, bekannte Mängel in den Kaufvertrag aufzunehmen.[pullquote align=“right“]Wenn der Käufer den Mangel kennt und akzeptiert, schließt er damit spätere Ansprüche aus.[/pullquote] Wenn der Käufer den Mangel kennt und akzeptiert, schließt er damit spätere Ansprüche aus. Beispiel: der Händler erklärt dem Käufer, dass der Auspuff nicht mehr lange hält und bald repariert werden muss. Wenn der Auspuff nun wenige Wochen nach dem Kauf abfällt, kann der Käufer keine Sachmängelhaftung geltend machen.
Immer wieder ist zu lesen, dass Verkäufer sich mit einem Gebrauchtwagengutachten aus der Verantwortung ziehen wollen, nach dem Motto: Das Fahrzeug wurde vorher von einer Prüforganisation untersucht und war zum Zeitpunkt des Verkaufs in Ordnung. Tatsächlich hat so ein Gutachten oder auch eine neue HU-Plakette eine gewisse Beweiskraft. Dennoch ändert das nichts an der gesetzlichen Beweislast – der Verkäufer muss im Schadensfalle trotzdem nachweisen, dass der Mangel zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht existiert hat. Je nach Bauteil nützt auch die neue HU-Plakette nichts, denn während der Hauptuntersuchung kann nicht jedes einzelne Teil des Fahrzeugs begutachtet werden.
Gebraucht-Lkw: Zwischen Gewerbetreibenden kann Sachmängelhaftung ausgeschlossen werden
All das bezieht sich ausschließlich auf Geschäfte zwischen Händlern und Privatpersonen. Anders sieht es aus, wenn zwei Gewebetreibende Handelspartner werden, so wie es bei fast allen Verkäufen von Gebraucht-Lkw der Fall ist. „Hier darf der Verkäufer tatsächlich die Sachmängelhaftung ausschließen. Im Falle eines Schadens unmittelbar nach dem Kauf hat der Käufer dann leider Pech“, erklärt die Fachanwältin für Verkehrsrecht. Wichtig sei aber, dass explizit gemachte Zusagen auch stimmen. „Wenn in der Online-Anzeige oder im Kaufvertrag steht, dass die Bremsen vor kurzem erneuert wurden und der Käufer wenig später feststellt, dass die Bremsen abgefahren und verrottet sind, kann er vom Vertrag zurücktreten“, sagt Anwältin Holst.
Da die Sachmängelhaftung beim Vertrag zwischen Gewerbetreibenden meist ausgeschlossen ist, empfiehlt sich der Abschluss einer Gebrauchtwagengarantie, wie sie viele Händler anbieten. Diese ist völlig unabhängig von der Sachmängelhaftung und kann sich lohnen. „Eine Gebrauchtwagengarantie oder auch Anschlussgarantie sollte bis auf die maximal mögliche Garantiezeit ausgeweitet werden. Das lohnt sich eigentlich fast immer“[pullquote]„Eine Gebrauchtwagengarantie oder auch Anschlussgarantie sollte bis auf die maximal mögliche Garantiezeit ausgeweitet werden. Das lohnt sich eigentlich fast immer“[/pullquote], meint Eva Holst. Die Fahrzeuge werden immer moderner, selbst kleine Bauteile wie Steuergeräte können schnell tausend Euro und mehr kosten. Für einen im Verhältnis zum möglichen Schaden relativ geringen Betrag sichert sich der Käufer ab. Beim Vertragsabschluss sollten unbedingt die Versicherungsbedingungen genau und vollständig gelesen werden. Denn jeder Händler und jeder Unternehmer kann seine eigenen Bedingungen formulieren und bestimmte Schäden ausschließen. Meist sind die Garantiebedingungen gestaffelt nach Alter und Laufleistung des Fahrzeuges. Wer also einen Lkw mit 800.000 Kilometern kauft, kann für das gleiche Geld kaum die gleichen Garantieleistungen erwarten wie für einen Lkw mit 200.000 Kilometern. Für die Garantie spielt es übrigens keine Rolle, wo das Fahrzeug zugelassen ist – selbst ins Ausland exportierte Lkw verlieren nicht den Garantieanspruch.